ARTE_Quartett_plus_Philippe_Heule

ARTE Quartett & Philippe Heule Kontrapunkte

Philippe Heule                    Text, Schauspiel und Regie
ARTE Quartett                     Saxophone

Programm
Johann Sebastian Bach     Die Kunst der Fuge (BWV 1080)
(1685-1750)                         Eine musikalisch textliche Erkundung

Kunst der Fuge – Eine Sammlung von Kontrapunkten
Kurz nach Johann Sebastian Bachs Tod Ende Juli 1750 schrieb sein Sohn Carl Philipp Emanuel Bach auf das unvollendete Manuskript der Schlussfuge, an der Stelle wo der Name BACH in Noten erscheint: „Über dieser Fuge, wo der Name B.A.C.H. im Contrasubject angebracht worden, ist der Verfasser gestorben.“ Dies war der Beginn der Mystifizierung dieses zyklischen Werks, welches Bach 1740, also bereits zehn Jahre zuvor, zu komponieren begonnen hatte. Der Titel „Kunst der Fuge“ stammt nicht von Bach selbst sondern wurde später hinzugefügt. Bach nannte die Stücke jeweils „Contrapunctus“, was als Note gegen Note oder im weitere Sinne auch als Stimme gegen Stimme verstanden werden kann. 

Seit dem frühen vierzehnten Jahrhundert haben sich Komponisten und Theoretiker mit dem Thema Imitation beschäftigt und Ende des 17 Jahrhunderts hatte die Fuge ihre Blütezeit. Johann Sebastian Bach war zeitlebens von ihr fasziniert. In der „Kunst der Fuge“ gelingt es Bach, zunehmend komplexere Kanontechniken anzuwenden und trotzdem ein musikalisch und sinnlich erfahrbares Musikwerk zu schaffen.

Unzählige Quartettformationen in allen erdenklichen Besetzungen konnten sich für dieses Werk begeistern. Einerseits sind durchwegs gleichberechtigte Stimmen in Beziehung zueinander gesetzt, was fast nur in der Gattung der Fuge vorkommt. Andrerseits haben die Interpreten trotz strenger Kompositionstechnik enormen gestalterischen Spielraum. Bachs Kontrapunkte lassen sich in den unterschiedlichsten Farben und Tempi darstellen ohne an musikalischer Kraft und Stringenz zu verlieren. 

Das ARTE Quartett hat den jungen Theatermacher und Autor Philippe Heule dazu gebeten, mit Texten, die er selbst performen wird einen eigenen Kontrapunkt zu setzen. Dabei soll ein enigmatisches und sehr dichtes Werk nicht erklärt, sondern kontrastiert und aus einer anderen Perspektive beleuchtet werden. Somit entsteht eine Abend zwischen Konzert und szenischer Lesung, ein dichter und alle Sinne ansprechender Abend. 

PROJEKTBESCHRIEB
Am Anfang kommt das Thema in seiner Grundgestalt daher. Soviel weiss ich. Abgesehen und ausgehend davon stellen sich mir diverse Fragen. Ich wohne nämlich einer rätselhaften und geheimnisvollen Veranstaltung bei. Und ich wohne ihr nicht nur bei, sondern bin gar ein Teil davon. Ich habe einen Auftrag erhalten, einen äusserst komplexen Auftrag, der womöglich Fingerspitzengefühl verlangt. Ich wurde dazu beauftragt ein Verhältnis zu dieser rätselhaften Veranstaltung herzustellen, beziehungsweise soll ich mich in eine Beziehung setzten, zu diesen Männern und ihren Saxofonen und zu ihrem Unterfangen mit diesen Instrumenten Johann Sebastian Bachs Fugenkunst zu interpretieren ich soll mich als Ahnungsloser, als Blind Date sozusagen gegenüber von diesem Gebilde aufstellen und eine Beziehung dazu aufbauen. Mit Worten. Ich soll mich mit meinem Sprechen, mit meiner Lesart ein Gegenstück und eben ein Gegenüber bilden von dieser merkwürdigen Konstellation, und einen Kommentar abgeben, überhaupt bin ich hier engagiert als Kommentar-Ebene, als zusätzliche Ebene zu dem, was sich hier ohnehin schon verbindet vier Saxofonisten und Johann Sebastian Bachs Fugenkunst oder eben zusammenfügt – oder gerade nicht zusammen fügt. Wir haben es ja soeben gehört. Es ist nicht ganz einfach zu beschreiben.  Ausschnitt aus dem Text zu Contrapunctus 1

Mit dem Projekt KONTRAPUNKTE begegnet das ARTE Quartett dem jungen Theatermacher und Autor Philippe Heule. Ausgangslage dieses transdisziplinären Experiments sind Stücke aus dem Zyklus „Kunst der Fuge“ von Johann Sebastian Bach, einem Meilenstein der Musikgeschichte, der bis heute Anlass zu vielfältigen Spekulationen bietet. Die „Kunst der Fuge“ besticht mit einer äusserst durchdachten und hermetischen Komposition, andererseits bietet der grosse Gestaltungsspielraum des Zyklus’ eine interpretatorische Herausforderung.

Philippe Heule betritt mit diesem Projekt Neuland, wagt es, sich ohne Angst die Finger zu verbrennen, an einer eigenen Lesart dieser Lehrstücke und entwickelt daraus Texte, die er selbst performt. Somit entsteht live eine Gegenüberstellung mit der kollektiven Interpretation des Arte Quartetts, die zwischen Festlegung und Bauchgefühl schwebt. Welchen Inhalt kann der Text bzw. die Sprache dieser interpretatorisch offenen Form anbieten? Was kann die Sprache, die stets nach einer konkreten Aussage giert vom vibrierenden Sinn der Musik lernen?

Philippe Heule schreibt hörend, versucht die Struktur der Musik, die polyphone Textur zu übersetzen und die Fragen, die dabei aufgeworfen werden, fruchtbar zu machen. Lässt sich ein sich wiederholendes, vielstimmiges Thema in einen Text und in eine Stimme überführen? Ist es die lustvolle Suche nach einem Konsens, dem wir in jeder Fuge lauschen, hören wir sich gegenseitig jagende und voneinander flüchtende Stimmen, ein pausenloses Zuhören und Antworten, das erstaunlicherweise niemals in Rivalität und im Chaos endet? Oder erzählt die Fuge die tragische Geschichte, wie unterschiedliche Stimmen dasselbe meinen, aber nie zusammen kommen uns sich stattdessen kanonisch knapp verpassen? Im Text wird die Vielschichtigkeit und Vieldeutigkeit des Werks aufgefächert und lustvoll, der musikalischen Struktur folgend, versprachlicht. Was als humorvolle Beschreibung des Grundthemas, der Gegenüberstellung des Autors und des Quartetts beginnt, führt zu einer Beschäftigung mit der Begriffsgeschichte der Fuge, die zwischen Jagd und Flucht schweben bleibt. Wir besuchen den von Augenoperationen siech danieder liegenden Bach und landen bei den Spekulationen der Nachwelt über Sinn und Unsinn seines Meisterwerks. Wir verlassen den Fugenmeister und schreiten stattdessen mit Louis dem 15. durch die Gärten der Macht von Versailles, an dessen wilden Rändern sich bereits die Revolution zu formieren beginnt. Wir kommen zurück in Gegenwart und zu der komischen, und das Kollektiv bedrohenden Problematik, wenn ein Quartett ein  dreistimmiges Stück interpretiert. Die Grenzen zwischen Demokratie und Diktatur sind fliessend und eine weitere Fuge gibt Anlass aktuelle Weltpolitik und die Absurdität von Weltkonferenzen herauszuhören. Wir wandern weiter im Gebirge absurder Sprachspielereien und Spiegelungen und kommen in der letzten Fuge zurück zu Bach in seinem Sterbebett. Nach all dieser Rastlosigkeit führt die letzte und unvollendete Fuge zu dem finalen Gedanken, dass gerade der plötzliche Abbruch des Stücks, diesen unvergleichlichen (Lebens-)Zyklus formvollendet.

Durch die direkte Konfrontation von Text und Musik, durch den Dialog zwischen literarischer Auseinandersetzung und musikalischer Interpretation, werden die beiden unterschiedlichen Sphären voneinander sinnlich aufgeladen. Sieben ausgewählte Stücke der Kunst der Fuge, interpretiert vom ARTE Quartett begegnen sieben sich dazu verhaltenden und von Philippe Heule live performten Texten. 

Das Publikum macht sich hörend auf die Suche nach den Verbindungslinien – in der Musik klingen die Sprachbilder nach und das Gesprochenen wird selbst zur musikalischen Erfahrung  – die Trennung zwischen den Disziplinen wird verflüssigt – aus einer Gegenüberstellung wird ein virtuoses, ein alle Sinne ansprechendes Erlebnis zwischen Konzert und Lesung. 

Die Zuhörer erwartet ein dichter, alle Sinnen ansprechender Abend zum Hinhören und Nachdenken!
Hier kann man schon mal den Werbetrailer geniessen:
KONTRAPUNKTE Werbetrailer zu Kunst der Fuge (2020)

Uraufführung: 25.05.2024 Arlesheim (CH)

Für Konzertanfragen schreiben Sie uns bitte ein Mail an
beatk@arte-quartett.com

ARTE Quartett & Philippe Heule Kontrapunkte
Philippe Heule                    Text, actor and direction
ARTE Quartett                     Saxophones

Program
Johann Sebastian Bach     The Art of Fugue (BWV 1080)
(1685-1750)                         An approach through music and text

J.S. Bach: The Art of Fugue – interpretations, comments and improvisations

Only shortly after Johann Sebastian Bach death in the end of july of the year 1750, his son Carl Philipp Emanuel wrote on the manuscript of the last fugue, that his father died while working on this counterpoint. It was the beginning of the mystifying of a composition, that Bach was working on for about ten years. The title “The Art of Fugue” – not by Bach – was added later. Bach himself named each movement “Contrapunctus“, which can be understood as note against note or part against part.

Since the early 14th century composers and scholars were giving close attention to imitation in music and in the 17th century the genre of the fugue was at its zenith. Johann Sebastian Bach was fascinated his whole live by the rules of counterpoint and its possible musical solutions.
In “The Art of Fugue” Bach manages to combine complex counterpoint techniques to a musical masterpiece which is far from sounding artificial.

Numerous interpretations of the work in all possible instrumentations can be heard. The fascination results from having four equally important voices standing in relation to each other. On the other hand, there is a lot of room for different interpretations. The counterpoints can be played in many different ways without losing its essence of the musical message.

In the new project Kontrapunkte, based on Bach’s Art of Fugue, ARTE Quartet will meet young author and performer Philippe Heule. New texts for this transdisciplinary experiment will be written and performed by Heule as a counterpart to the interpretations of ARTE Quartet.

The audience can expect a dense evening, tickling all senses, inviting to listen and reflect.

world premiere: 25.05.2024 Arlesheim (CH)
For concert requests please contact us at  beatk@arte-quartett.com